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Harmonie in einem anderen Wien

Erstellt von Gregor Faistauer.  Veröffentlicht am 26.05.2016

Das Hotel "Harmonie" im ReiseInsider-Check.

Durchaus harmonische Lobby. © Hotel HarmonieClassic Zimmer im Hotel Harmonie © Hotel HarmonieChillige Couch im Superior-Zimmer. © Hotel HarmonieGemütliche und "belesene" Lounge. © Hotel HarmonieFrühstück, mal steirisch, mal - wie am Bild - nordisch. © Hotel Harmonie

Vom Hauptbahnhof her fährt es sich am einfachsten zum "Harmonie" in der gleichnamigen Gasse im neunten Wiener Gemeindebezirk mit der Straßenbahnlinie D. Aussteigen am Bauernfeldplatz, zwei Mal um die Ecke – Voilà! Vom Ring hat man sich grade einmal zwei Haltestellen weit entfernt und erreicht auch den ersten Bezirk gemütlich in gut zehn Minuten zu Fuß. Dennoch ist man in einem etwas anderen Wien angekommen, das für gewöhnlich weniger frequent von den Prospekten der Donaumetropole lächelt. Schade eigentlich, denn es ist immer wieder erstaunlich, wie schnell man in dieser Stadt vom bisweilen nervigen Trubel des Zentrums in eine durchaus ruhige und von Gelassenheit geprägte noch immer innerstädtische Umgebung gelangt. Man kommt freilich auch mit dem Auto hin, aber erstens sind die öffentlichen Verkehrsmittel der Stadt wirklich famos und dann muss man ja auch noch eine Parkgarage in der Gegend finden. Um zarte € 21,90 gibt’s im Hotel die Wien-Card für zwei Tage inklusive zahlreicher Ermäßigungen bei Museen und Sehenswürdigeiten sowie Ticket für den gesamten öffentlichen Verkehr, das Ganze für drei Tage kommt auf € 24,90.

Wohl unter dem Eindruck innerstädtischer Mieten hat sich im Servitenviertel ein erstaunlicher Mix aus Geschäften und Lokalen zusammengefunden, die attraktive Nischen qualitätvoll zu nutzen verstehen. "Curry me home" bietet eine riesige Auswahl an Gewürzen und Gewürzmischungen, beim Italiener "La Pasteria" findet man neben hausgefertigter Pasta italienische Köstlichkeiten aller Art und im "Werkhaus" stehen vielfältig Praktisches und originelles Kunsthandwerk im Angebot. Das Mekka für alle, die Wiens Schokoladeseite nicht nur in Form von glasiertem braunem Backwerk kennenlernen wollen, ist schließlich die 2Xocolat Manufactur" in der Servitengasse.

Dorthin zieht es auch immer wieder Sonja Wimmer, die mit dem "Harmonie Vienna" ein Viersternehaus in der Harmoniegasse 5 – 7 führt, das 2013 zur Gänze renoviert wurde und als eigenständiger Familienbetrieb der Premier-Kategorie zur großen Best-Western-Familie nach deren Internationalen Qualitätsrichtlinien gehört. Natürlich stammt der Name des Hauses, welches als Erstlingswerk von Otto Wagner gilt, von der Gasse davor, das "Harmonietheater" das hier dereinst stand, existiert aber nicht mehr. Vielleicht legte man grade deswegen beim Umbau großen Wert darauf die Harmonie ins Haus zu bringen. Unübersehbar zu erkennen an auffälligen Bildern außergewöhnlicher Provenienz. Doch dazu später.

Im Erdgeschoß trifft man an einem sehr offen gehaltenen Empfang auf freundliche wie kompetente Menschen, die gerne – und auch ohne Nachfragen – auf die Angebote des Hauses verweisen. Sei es das hauseigene Café, der Fitnessraum, Internet (das sich als flott und zuverlässig erweist) oder die Bibliothek in der Lounge, wo täglich zwischen 15.00 Uhr und 18.00 Uhr auf Einladung des Hauses kostenlos eine angenehme Teeauswahl zu hausgemachtem Kuchen angeboten wird.

Man scheint jedenfalls in die moderne Gestaltung eine solide Mischung aus Hausverstand und gutem Geschmack investiert zu haben, was gar nicht immer so einfach war und einen kleinen historischen Einblick gewährt. Betritt man nämlich sein Harmonie-Hotelzimmer, so hat man dort heutzutage exakt jenen Platz zur Verfügung, welcher dereinst einmal eine ganze Wohnung darstellte.

Das Zimmer betritt man wie gewöhnlich und steckt die Schlüsselkarte in ihren Schlitz, woraufhin sich wie von Zauberhand die Rollos nach oben schieben. Wem das nächtens zu einsichtig ist, für den ist die Schaltanlage gleich nebenbei. Lugt man dann um die Ecke, so eröffnet sich in den Superior Zimmern und Suiten eine grandiose Lümmelecke in Form eines fast verschwenderischen Sofas mit riesigen Polstern, worauf es sich durchaus bequem hinflätzen lässt. Bequem ist es außerdem. Hat man eine anstrengende Anreise hinter sich, so lernt man das Engagement eines wohlmeinenden Ausstatters erstmals kennen und schätzen. Dem hat man durchaus noch andere Vorzüge zu verdanken. So war man so klug und hat einen richtig schönen großen Kleiderschrank mit echten Kleiderbügeln eingebaut, der auch locker einmal die Wochengarderobe von zwei Personen schluckt. Darin findet man eine Safe, der einen ganzen Laptop verwahrt und hat dazu neben dem für richtiges Arbeiten geeigneten Schreibtisch auch noch eine Art Beistelltisch, der einmal wirklich intelligent gebaut ist und an dem man locker frühstücken oder eine jener Mahlzeiten einnehmen kann, die der Zimmerservice zu den Frühstückszeiten oder zwischen 17.00 und 22.00 Uhr liefert. Wer darüber hinaus weiterer Versorgung bedarf, dem steht rund um die Uhr ein hauseigener Shop offen, an dem man Getränke und kleine Snacks erhält. Eventuell dann, wenn man den Abend doch noch vor der recht ansehnlichen TV-Anlage bei einem von immerhin hundert Programmen ausklingen lassen möchte.

Zum Bad könnte man ganz viel sagen. Das lässt sich aber auch kurz zusammenfassen: geräumig, hell, schön. Bei der Ausstattung ließ man sich jedenfalls nicht lumpen und vermied den Griff zu plumpen Plastikbecken. Stattdessen glänzen hier Keramik und gutgängige Armaturen. Bei der nächsten Überholung wünscht man sich vielleicht eine etwas längere Glaswand, um nicht nach der Dusche in einen See zu tappen, aber sonst ist da schon alles sehr fein.

66 Zimmer hat das "Harmonie", davon ein Drittel im großzügigen Superior-Bereich (ca, 30 m2). Dazu gibt es acht Comfort-Zimmer (ca. 25 m2) und drei Suiten (ca. 33 m2), in denen man eine eigene Espressomaschine (Kapselsystem) und je einen der großen Flachbildschirme im Wohn- wie Schlafbereich vorfindet. Der Rest sind Classic-Zimmer, die zwar etwas kleiner (ca. 20 – 23 m2), aber nicht wirklich minder komfortabel sind; für Kurzaufenthalte (Geschäftsreisende) eine wirklich attrakive Okkasion. Klimaanlage gibt’s überall und wer wegen diverser Unverträglichkeiten bislang immer mit eigenem Bettzeug oder leider eben gar nicht verreiste, kann in diesem Haus schon bei der Buchung ein Allergiker-Zimmer (Parkett- statt Teppichboden – Ausstattung nach ECARF-Standard) und spezielle Decken- und Polsterbezüge ordern.

Dies gibt es ohne Aufpreis auf Zimmertarife, die zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels bei € 148,00 für Classic- und € 178,00 für Superior-Zimmer pro Nacht in Doppelbelegung inklusive Frühstück starten. Der Blick auf saisonale Angebote und Packages lohnt.

Am Morgen lockt zwischen 7.00 Uhr und 10.30 Uhr ordentliches Frühstück, das neben akkuratem konventionellen Angebot diverse Extras bietet. So findet man in der Frühstückskarte unter anderem Steirisches Frühstück (da kommt die Eierspeis mit Kürbiskernen, Schnittlauch und Kernöl daher), Japanisches (mit Reis, Sojasoße und Misosuppe) oder auch eine Nordische Variante (Shrimps, Dill, Oberskren und Preiselbeeren) und der Ruf "einmal glutenfrei" des Personals in Richtung Küche erregt dort keine großen Nervositäten, denn auf die Bedürfnisse von Allergikern ist man auch hier bestens vorbereitet. Auffallend ist jedenfalls, dass in sehr großem Maße auf Bio- und regionale Angebote geachtet wird. Wer mit dem Auto kam, kann im Übrigen bei der Gelegenheit auch gleich einmal über seine nächste Anreise nachdenken, wenn er eben grade aus dem vielfältigen Angebot des Biosäfte-, Biomarmeladen oder Bio-Eier-Buffets wählt. Schön im Übrigen auch, dass hier – großes Danke dafür! – jemand verstanden hat, dass eine Flasche Wasser am Frühstückstisch kein Luxus ist.

Ein angenehmer Luxus ist dagegen, dass man sein Frühstück bei besonders zeitiger Abreise auch schon um 5.00 Uhr oder als Take away mitkriegen kann und Langschläfer selbst bis 13.00 Uhr noch mit Wiener Frühstück versorgt werden.

Ist dann der Tag dann einmal trübe oder der Gast nach einem vollen Geschäftstag matt, so bietet das "Harmonie" ein paar Extras. Da wäre einmal ein modern ausgestatteter Fitnessraum für ein gepflegtes Workout nebst Loggia zum Auslüften und in der Lounge findet man einen ziemlich repräsentativen Querschnitt an Büchern österreichischer Literatur und Kunst. Da finden sich Schnitzler wie Handke, Horvath und Jelinek sowie Heller und Nitsch. Das Angebot, Bücher, die gefallen, zum gewöhnlichen Ladenpreis an der Rezeption zu erwerben, findet regelmäßig Freunde und so kann Frau Wimmer jährlich etwa ein Viertel des Bestands erneuern und aktualisieren. Dies erfolgt in Kooperation mit der Buchhandlung Orlando, die – wie einige andere Partnerbetriebe des "Harmonie" – fußläufig in der Gegend erreichbar ist.

Ja, und dann wäre da noch der Tanz. Geht man heutzutage in die Staatsoper zum Ballett – sicher sehr empfehlenswert – so ist nach der Vorstellung der Tanz vorbei, die Tänzerinnen und Tänzer weg und es verbleibt die Erinnerung an Musik und zauberhaft schwebende Körper. Auch Sonja Wimmer tanzte einmal und sie hatte die Idee, diese Passion in ihr Haus zu bringen. In Luis Casanova Sorolla fand sie einen Künstler, der auf geschickte Weise die Bewegungen des Balletts einfing. Unter dem Titel "Signapura" hinterließ der Tanz berückende Spuren. Sorolla streute Farbpigmente auf Papier und ließ darauf Solistinnen und Solisten der Wiener Staatsoper Improvisationen vollführen. Ob mit Spitzenschuhen oder barfuß, er bannte so die Bewegungen des Tanzes dauerhaft auf Papier. Auf allen Gängen des Hotels – die Zeit für einen Rundgang durch die Etagen sollte man sich gönnen – findet man die verbliebenen Fußabdrücke dieser ansonsten vergangenen Aktionen vor und auch in allen Zimmern sind jeweils unterschiedliche Ausschnitte davon angebracht. So hat jeder Besucher während des Aufenthalts seinen persönlichen Anteil an dieser gesamten optisch-musikalischen Intervention zur Verfügung.

Es ist fast bedauerlich, dass man nicht das gesamte "Protokoll" einer Aufführung auf solch bildliche Weise einfangen und dann betrachten kann. Aber erstens hat Sorolla bereits eine Weiterentwicklung von "Signapura" mit eigenen Choreographien vollführt und dann kann man auf Bildschirmen im Hotel die Entstehen der Bilder dieser Performance verfolgen. Dazu vermitteln die im Haus verteilten Ansichten einen guten Einblick, lassen die Musik, die hinter den schwungvoll sichtbaren Bewegungen steckt, erahnen und regen den Geist des Betrachters an. In Richtung Harmonie.

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